18.03.2015
Als die anderen Reisenden im Hard Sleeper-Wagen damit beginnen, die Gänge, Toiletten und Waschbecken zu besetzen, tun wir es ihnen gleich, in der Erwartung, bald anzukommen. Ein Blick auf die Uhr verrät jedoch, dass es bis zur Ankunft noch ca. 1h dauern wird (wozu dann das Gewimmel auf dem Gang…). Am Fenster ziehen bereits die Ausläufer Pekings vorbei und auf einmal kommen wir an, ach nein, doch nicht… Wir haben mal wieder eine der langsamsten Zugkategorien erwischt und müssen erst andere Züge höherer Kategorien vorbeirauschen lassen. Der Südbahnhof Pekings wird dennoch pünktlich erreicht und wir machen uns zur Metro auf, die uns in die Nähe unseres Hostels bringt. Das 6er-Zimmer ist schon bezugsfertig und so können wir uns dort einrichten, bevor es zu einem frühen Mittagessen geht, gefolgt von einem Supermarktbesuch.
Im Anschluss ist es bereits Zeit, zum Nordbahnhof zu fahren, in dessen Nähe der Hauptcampus der Beijing Jiaotong University liegt. Zielsicher lotst uns Xu in einen Bus, den wir alleine wohl nie gefunden hätten bzw. nur mit deutlich mehr Zeit. Wir steigen neben den Wohnheimen der Uni aus und befinden, dass das Studentenwerk Dresden im Vergleich doch ganz gute Arbeit leistet. Der Campus erweist sich dagegen als Ruheoase mitten in der hektischen Stadt. Es gibt fast keinen Autoverkehr, große Rasenflächen und Sportplätze. Vor der School of Traffic and Transportation stoßen wir sogar auf einen kleinen angelegten See.
Im 4. Stock werden wir von Herr Hao Guoqi abgeholt, dem General Manager der Chinese-Russian Rail-Container International Freight Forwarding (Beijing) Co., Ltd. (CRRC), einem Joint Venture zwischen der russischen TransContainer und CRCT, der Frachtsparte der chinesischen Eisenbahn. Zusammen mit Professor Ji (Logistik) hat er hochmotiviert ein Treffen mit uns organisiert. Dazu gesellen sich im Konferenzraum einige Studenten der Uni. Gestern wurde uns geschrieben, dass wir heute einen 20-minütigen Eröffnungsvortrag über unser Projekt halten sollten. Koordiniert, wie wir nun einmal sind, hatten wir schnell eine Slideshow unserer bisherigen Stationen zusammengestellt, inkl. einem Überblick über unsere Route, wobei heute jeder einen Teil der Präsentation übernimmt. Nach unserer Einführung folgt der Vortrag von Professor Ji über allgemeine Logistikthemen. Den Abschluss bildet die Präsentation von Herr Hao, in der er verschiedene Routen und Städtepaare erläutert und bspw. auch erzählt, dass er bei der Ankunft des ersten Zuges der Strecke Zhengzhou-Hamburg in Deutschland mit dabei war. Während dem Treffen wurde Gemüse und Obst bereitgestellt sowie von den Studenten immer wieder Tee nachgeschenkt.
Danach werden wir großzügig von unseren Gastgebern zum Pekingente-Essen eingeladen, wobei die Betonung auf dem letzten Wort liegt. Das Restaurant liegt direkt neben der Uni und wir bekommen einen eigenen Raum im Obergeschoss mit dem größten Drehtisch, den wir bisher in China gesehen haben. Wir dürfen die Beilagen zur Ente selbst bestellen und wählen aufgrund unserer mittlerweile überragenden Chinesischkenntnisse einfach anhand der Bilder aus. Das Essen ist sehr gut und wird ca. alle 2 Minuten von Prositrunden unterbrochen. Chinesen trinken mehr als wir erwartet hatten, na dann … ganbei! Besonders Xu ist in seinem Element und unterhält sich angeregt auf Chinesisch mit dem Professor. Später eröffnet er uns, dass der Professor Kontakte zu einem Logistikzentrum in Xian hätte und wir dieses besuchen könnten. Da wir im Vorfeld keine Termine in Xian erhalten konnten, sind wir jetzt mal gespannt, ob das wirklich klappt.
Nach dem Essen fahren wir zum Tian’anmen-Platz, der aber leider schon geschlossen ist. Es bleibt aber noch der Blick auf die im Dunkeln schön erleuchtete verbotene Stadt, die wir am Freitag besuchen wollen.
Yannic