12.03.2015 – Yannic Brodersen
07:20 – Irgendwo über Sibirien. Die Kabinencrew der vollbesetzten Maschine nach Irkutsk hat gerade angekündigt, dass in 15 min der Sinkflug beginnen wird. Eine weitgehend kurze und schlaflose Nacht geht zu Ende. Während sich drinnen eine Schlange vor der Toilette bildet, beginnt draußen eine leuchtend rote Sonne damit, die aktuellen -16°C aufzuwärmen. Um 08:05 demonstriert der Pilot russische „Landekünste“, indem er das Flugzeug mit viel Feinfühligkeit, quasi „kaum spürbar“ auf der Landebahn aufsetzt. Beim Hinaustreten auf die Gangway schlagen uns nur noch -10°C.
Im Terminal erwartet uns bereits ein „TU Dresden“-Schild. Valentina, Mitarbeiterin am internationalen Zentrum, und Maxim, Professor für globales Management an der IrGUPS, begrüßen uns und wir fahren mit dem Unieigenen Kleinbus zum Wohnheim. Dort wählen vier von uns sofortige Entspannung nach der nicht gerade schlaffördernden Sitzkonfiguration des Flugzeugs, während sich die restlichen zwei zur Mensa aufmachen, um das Frühstücksangebot wahrzunehmen. Der Tisch im separaten Bereich, der normalerweise Professoren vorbehalten ist, ist bereits gedeckt und es gibt eine Mischung aus Omelett und Rührei, Süßgebäck und Tee.
Zwei Stunden später geht es dorthin wieder zum Mittagessen, diesmal mit allen Teilnehmern. Es gibt Gemüsesuppe, Kartoffeln, panierte Hähnchenbrust, Salat und Sahnetorte. Danach führt man uns in eine Mischung aus Büro- und Konferenzraum des internationalen Zentrums, wo uns als erstes eine auf uns gerichtete Fernsehkamera auffällt. Unser Besuch ist wohl ein nicht alltägliches Ereignis. Die Prorektorin des Zentrums richtet einige Begrüßungsworte an uns, danach dürfen wir uns in Begleitung der Kamera die Eisenbahnlabore ansehen. Im Innenhof der IrGUPS liegen mehrere Gleise, worauf eine Lok, ein Kesselwagen und ein Personenwagen stehen. Wir beschließen, dass unsere Fakultät in Dresden so etwas auch haben sollte…;). Im Labor finden sich außerdem komplette Fahrgestelle und Anleitungen über elektrische Schaltkreise, die wir aufgrund unserer hervorragenden Sprachkenntnisse auch problemlos verstehen.
Der Laborleiter erläutert uns noch anhand einer informativen Zeichnung die Lastverteilung auf verschiedenen Achsen eines Zuges, bevor wir uns zur Bibliothek aufmachen. Dort treffen wir eine Mitarbeiterin, die uns anspricht, weil sie Dresden kennt und schon einige Male dort war. Ein interessantes Gespräch entsteht, das wegen des Zeitplans aber leider unterbrochen werden muss.
Wieder zurück im Konferenzraum treffen wir den für die Leitung der Lehrstühle zuständigen Professor, der uns (auf Englisch!) einige seiner Grundansichten zur neuen Seidenstraße und zur russischen Außenpolitik darlegt und geduldig viele unserer Fragen beantwortet. Im Anschluss stellen wir uns in einem Interview den Fragen einer studentischen Uni-Zeitung, natürlich wieder mit Kamera.
Zurück im Wohnheim haben wir kurz Zeit, unsere Sachen umzupacken. Die großen Rucksäcke bleiben im Wohnheim und wir machen uns mit kleinem Gepäck mit der Straßenbahn auf die andere Flussseite in Richtung Busbahnhof auf, um zum Baikalsee zu fahren. Aber das ist eine eigene Geschichte, die im nächsten Teil erzählt wird.
Yannic Brodersen