Letzte Woche stand wieder mal ein Wochenendtrip auf dem Plan! Diesmal ging es für Tobi und für mich in die polnische 300 Tausend Einwohnerstadt Katowice in der Nähe von Krakau. Da wir den Zug aufgrund der Arbeit nicht mehr schafften, buchten wir uns spontan eine Mitfahrgelegenheit vom Elbepark in Dresden. Dort genossen wir zuvor noch ein hervorragendes russisches Buffet bevor wir gegen 19:15 Uhr in unseren 360 PS Kia Stinger stiegen, welcher uns innerhalb von rund 4 Stunden zu unserem Ziel brachte. Es ist immer wieder erstaunlich, wie flott man auf polnischen Autobahnen unterwegs sein kann, da es praktisch keine Geschwindigkeitskontrollen gibt. In Katowice angekommen trafen wir direkt Tobias’ Vater und verbrachten gemeinsam den restlichen Abend in der Stadt.
Ausblick von der 27. Etage
Samstagmorgen zeigte mir Tobias zunächst den riesigen Kreisverkehr „Rondo“, welcher mich ein wenig an den großen Kreisverkehr am Kulturpalast in Warschau erinnerte. Am Spodek Stadion vorbei ging es für uns nach einem kleinen Mittagessen in die 27. Etage des Countryard Hotels. Von dort genießt man den besten Blick über die komplette Stadt inklusive der unzähligen Kohlebergwerke- und Kraftwerke. Zu Fuß ging es weiter für uns durch die Altstadt. Leider waren die Leihfahrräder von nextbike saisonbedingt nicht verfügbar. Auf dem Weg entdeckten wir den größten Wohnblock Polens „Superjednostka“ (9.817 m²). Die Innenstadt von Katowice ist sehr schön und nicht sehr touristisch – ich würde sogar fast sagen vergleichbar mit Brünn. Mit der Straßenbahn fuhren wir anschließend zum ca. 10 Minuten entfernten „Schlesischen Park“. Mit 620 Hektar ist dieser der größte Stadtpark Europas und bietet eine Reihe von Freizeitmöglichkeiten wie einen Zoo, eine Seilbahn, Restaurants und vieles mehr. Auf meine 10.000 Schritte bin ich spätestens im Park definitiv gekommen! Im Silesia City Center fanden wir am Abend ein Buffet, welches wie typischerweise oft zu finden in Polen, ab 20:00 Uhr nur noch den halben Kilopreis verlangte. Wir schlugen also ordentlich zu und genossen die polnischen Piroggen und den Kartoffelsalat. Das Einkaufszentrum selbst ist wie eine kleine Stadt mit Straßennamen, Plätzen, Flüssen und vor allem reichlich Einkaufsmöglichkeiten. Den Abend ließen wir noch gemütlich gemeinsam mit Tobias’ Vater ausklingen.
Rückfahrt nach Deutschland
Der Sonntag begann mit einer leckeren Pizza aus einem amerikanischen Diner. Tatsächlich habe ich das Gefühl, dass viele Dinge in Polen angelehnt sind an den amerikanischen Stil. Direkt im Anschluss begann dann unsere Heimfahrt. Gegen 19:15 Uhr kamen wir dann wieder in Dresden an.
Wie so oft in Osteuropa musste ich feststellen, dass man mit
bargeldlosem Bezahlen (über das Handy) sowie mit der englischen Sprache äußerst
weit in Polen kommt. Besonders haben mir die vielen klassisch polnischen
Buffet-Restaurants und die gute Anbindung mit dem öffentlichen Nahverkehr
gefallen. Auch der Schlesische Park war sehr schön und ist bestimmt im Sommer
noch mehr einen Besuch wert.
Im Dezember letzten Jahres hieß es für Tobias und für mich Urlaub machen! Geplant war eigentlich wieder die Türkei (wie 2018), doch da wir dieses Jahr recht spät dran waren, mussten wir feststellen, dass die Temperaturen selbst in Side im Dezember nicht mehr ganz so sommerlich sind. Also entschieden wir uns für das komplette Gegenteil von Strand, nämlich das Gebirge.
Montagmorgen der 9. Dezember: frühes Aufstehen ist angesagt! Mit dem Zug ging es für Tobi und für mich zunächst einmal nach Görlitz. Von dort führte uns der nächste Zug weiter nach Breslau, wo wir nach einem kurzen Aufenthalt in den nächsten Zug nach Krakau einstiegen. In Krakau kamen wir gegen 18:00 Uhr an und erkundeten ein wenig die Innenstadt. Zum Abendessen gab es eine lokale Spezialität: Zapiekanka. Dabei handelt es sich um ein günstiges belegtes Brot – ähnlich wie ein Sandwich. Übernachtet haben wir in einer wunderschönen, großen und zentral gelegenen Wohnung, welche wir über das Internet buchten. Am Folgetag fuhren wir mit Elektro-Tretrollern am Ufer der Weichsel entlang, besichtigten die Wawel-Kathedrale und liefen über den Weihnachtsmarkt der zweitgrößten polnischen Stadt. Am Abend aßen wir eine Deep Dish Pizza wie sie eigentlich typisch für Chicago ist.
Busfahrt von Polen in die Slowakei
Am Mittwoch dem 11. Dezember besuchten wir am Vormittag
zunächst das sehr empfehlenswerte Schindler Museum und im Anschluss fuhren wir
mit einem Minibus von LeoExpress von Krakau nach Poprad. Die knapp 3h lange
Fahrt in die 50.000 Einwohner Stadt in den Norden der Slowakei verlief problemlos
und wir wurden direkt am Schwimmbad „Poprad Aqua City“ rausgelassen. Dort
genossen wir in den zahlreichen Pools den Rest des Abends bevor wir mit einem
kleinen Zug höher in die Berge zu unserem Hotel fuhren.
Wanderung im Tatra Gebirge
Der erste Tag im Tatra Gebirge begann mit einem üppigen Frühstück des Kurhotels bevor wir dann unsere Wanderung zum Popradské Pleso See begannen. Auf den schneebedeckten Wanderwegen waren wir die Einzigen und liefen ca. 2 Stunden bis zu unserem Ziel: das Hotel/Restaurant am See wo ich bereits vor zwei Jahren übernachtete. Nach einem leckeren Mittagessen ging es zunächst nach Štrbské Pleso bevor wir wieder zurück zu unseren Hotel liefen. In dem gemütlichen Hotel indem wir auch abends aßen waren wir fast die einzigen.
Der nächste Tag begann mit einer Standseilbahnfahrt nach Starý Smokovec, wo wir auf 1.285 Meter Höhe die Notre-Dame Kathedrale als Eisskulptur sahen. Leider hatten wir keine Schlitten dabei, denn für bergab hätte es eine Rodelbahn gegeben. Also ging es wieder mit der Bahn ins Tal. Nach einem leckeren Lángos fuhren wir im Anschluss mit dem Zug über das tschechische Česká Třebová nach Brünn.
Letzte Station der Reise: Brünn in Tschechien
In Brünn, der zweitgrößten Stadt Tschechiens, übernachteten wir in dem zentral gelegenen Continental Hotel. Von dort aus erkundeten wir die Stadt und liefen zur Spielberg Festung von wo aus wir einen großartigen Ausblick genossen. Der Weihnachtsmarkt und die Straßen in Brünn waren sehr schön aber auch recht gut besucht. Nach einem Abstecher in einem kleinen Café am Folgetag fuhr dann auch schon wieder unser Zug nach Prag. Von dort aus starteten wir dann unsere letzte Fahrt der Reise: zurück nach Dresden. Das Abendessen im Bordrestaurant war wieder sehr lecker und pünktlich um 19:00 Uhr waren wir zuhause.
Zusammenfassend kann ich sagen, dass es sich bei der 7-Tage-Reise um einen tollen Winterurlaub handelte! Besonders die Slowakei mit dem Gebirge hat uns sehr gefallen. Man merkt definitiv die Weiterentwicklung Polens, der Slowakei und in Tschechien (leider werden dadurch auch die Preise teurer). Große Lust hätte ich mal wieder auf einen Trip in die Berge mit einem Mietwagen (wie in Georgien) oder mit unserem Zelt (wie in Griechenland und Kanada). Ich bin gespannt was das neue Jahr 2020 zu bieten hat!
Kiew ist mit knapp 3 Millionen Einwohnern nicht nur die Hauptstadt, sondern auch die größte Stadt in der Ukraine. Als Florian im Sommer von der neuen und sehr günstigen Flugverbindung von Leipzig-Halle nach Kiew mit Wizz Airlines erzählte, warteten wir nicht lange und buchten uns die Direktverbindung vom 6.09 bis zum 09.09.2019. An welcher Stelle wir 105,5 Meter unter der Erde waren erfahrt ihr später im Text.
Am Freitagmorgen ging es für uns in der Regionalbahn los in Richtung Leipzig. Dort angekommen hatten wir noch reichlich Zeit bis zum Abflug weshalb wir uns im Aldi noch mit Proviant versorgten. Pünktlich hoben wir im Airbus A320 der ungarischen Billigfluggesellschaft ab und setzten ebenso pünktlich ca. 2,5 Stunden später in Kiew-Boryspil auf. Der größere der beiden internationalen Flughäfen liegt etwas außerhalb – ist allerding seit neustem mit einer direkten Zugverbindung mit dem Hauptbahnhof verbunden. Nach 45 Minuten Fahrt in die Innenstadt kamen wir leider schon im dunklen an und checkten zunächst in unser sehr zentral gelegenes Hostel ein. Das Zimmer teilten wir uns mit 4 anderen Gästen, die wir aber kaum zu Gesicht bekamen. Am Abend liefen wir dann noch ein wenig durch die Stadt.
Samstag auf den Inseln
Der nächste Tag war sehr sonnig und angenehm warm weshalb wir zunächst auf eine Insel des Flusses Dnepr fuhren. Es gibt mehrere Inseln mit vielen Badestränden sowie Freizeitparks, Bars und Restaurants. Einige Ukrainer verschlug es auch ins Wasser, welches aber sehr trüb aussah und wahrscheinlich auch ordentlich kalt war. Zurück auf das Festland ging es wieder mit der U-Bahn. Diese ist sehr günstig (unter 1€) und kann kontaktlos mit Kreditkarte (und damit auch Apple Pay) bezahlt werden. Eine der Stationen, die wir nutzten (Arsenalna), ist mit 105,5 Metern übrigens die tiefste U-Bahnstation der Welt. Zu Fuß gingen wir über eine riesige Fußgängerbrücke noch auf eine andere Insel und beobachteten im Anschluss eine Polizeiübung direkt am Denkmal der Völkerfreundschaft.
Über den Maidan liefen wir kurz zum Hostel um dann zum Andreassteig zu laufen. Abendgegessen haben wir wieder bei „Pusata Khata“ – ein Buffetrestaurant mit günstigen und typisch ukrainischen Gerichten. Ich aß immer Hänchen und Pelmeni. Später enteckten wir, dass die Hauptstraße (Khreschatyk street) abends kurzerhand zur Fußgängergasse umgewandelt wird. Bei der Menge an Menschen ist dies eine clevere Sache. Übrigens ist diese Straße mit nur 1225 Metern Länge die kürzeste Hauptstraße in einer Hauptstadt – und trotzdem gleichzeitig eine der breitesten. Am Ende des Tages hatten wir 36.000 Schritte verzeichnen können.
Heiße Schokolade am Sonntag
Der Sonntag war ebenso sonnig wie auch schon der Samstag. Per U-Bahn ging es zum Park of Eternal Glory und im Anschluss in das 2. Weltkriegsmuseum direkt an der Mutter-Heimat-Statue. Im Anschluss liefen wir zu einer Lviv Handmade Choclate Filiale. Wie bereits in meinen Blogbeiträgen „Von Dresden nach Baku“ und „Von Tschernobyl über Istanbul nach Griechenland“ bekannt bin ich ein großer Fan von der sehr dickflüssigen heißen Schokolade dort. Abends genossen wir wieder den herrlichen Ausblick auf dem Andreassteig und wir bemerkten wieder die Vollsperrung der Hauptstraße am Maidan.
Nach einem leckeren herzhaften Frühstück fuhren wir am
Montagmorgen wieder mit dem Zug zum Flughafen Kiew-Boryspil. Der Rückflug nach
Leipzig verlief ebenfalls problemlos und nach einem kurzen Mittagessen am
Leipziger Hauptbahnhof ging es wieder mit der Regionalbahn nach Dresden.
Sowohl Florian als auch ich waren schonmal in Kiew, trotzdem war es ein sehr gelungener Kurzausflug dorthin – möglichgemacht durch die neue und günstige Direktverbindung. Kiew ist unglaublich groß und recht zerstreut, es gibt also keinen direkten Stadtkern wie in Breslau (siehe Blogbeitrag „Eine Nacht in Wroclaw“). Man sollte sich also definitiv ein paar Tage zeit nehmen (oder mehrfach kommen) sowie bereit sein viele Kilometer zu laufen.
Freitag, 09:00 Uhr: nach einem kurzen Zwischenstopp in der DB Lounge am Dresdner Hauptbahnhof (gratis Eintritt mit BahnComfort Card) stiegen Tobias, Tomasz und ich in unseren Flixbus nach Wroclaw/Breslau. Mit unserer Travel Industry Card endeckten wir die Tickets für lediglich 6€ je Richtung. Grund genug für uns einen Kurztrip in die polnische 638 Tausend-Einwohnerstadt zu machen. Pünktlich fuhren wir los und kamen 3,5 Stunden später, nach einem Zwischenstopp in Görlitz und Bunzlau, in Breslau an. Unser Hotel war ca. 15 Minuten zu Fuß vom Busbahnhof entfernt, aber wir entschieden uns die elektrischen Tretroller von Lime auszuprobieren. Zwar gibt es diese jetzt mittlerweile auch in Dresden, jedoch sind sie in Polen günstiger und mit 27 km/h auch deutlich schneller unterwegs. In Breslau gibt es neben Lime auch reichlich andere Anbieter. Da ist es nicht verwunderlich, dass dieses Angebot rege von den Polen und auch von Touristen genutzt wird.
Ankunft in Breslau
Unser Hotel, das Joyinn Aparthotel, lag ca. 10 Minuten vom Marktplatz entfernt und war sehr modern eingerichtet. Für 27€ pro Person war es – vor allem im Anbetracht der guten Lage – ein sehr guter Preis. Zu Fuß erkundeten wir im Anschluss erst einmal die Innenstadt. Breslau hat eine wunderschöne historische Altstadt mit gleich mehreren Marktplätzen und vielen Kirchen. Von allen polnischen Städten, die ich bereits gesehen habe (z.B. Warschau oder Danzig), fand ich die Altstadt von Breslau sogar am schönsten.
Die Stadt ist übersäht mit Zwergen, welche in den 1980er Jahren als Protest gegen die kommunistische Regierung erstmalig in Breslau sich etablierten. Für das Abendessen entschieden wir uns wie die einheimischen in einer Milchbar (Bar mleczny) zu essen. Dabei handelt es sich um eine Kantine, wo es günstige, typisch polnische Speisen gibt. Vor allem für das Mittagessen nutzen viele Polen diese Möglichkeit. Dementsprechend gibt es leider gegen Abend hin nur noch ein sehr begrenztes Angebot. Für 2,50€ ergatterte ich eine Bulette mit Spinat, Kartoffeln und Soße.
Sonnenuntergang auf der Insel
Nach dem essen nahmen wir uns ein Sharing-Fahrrad von nextbike, dem gleichen Anbieter, den ich auch in Dresden nutze. Die sich in einem sehr guten Zustand befindlichen Fahrräder standen an allen Ecken. Wir fuhren also ein wenig durch die Stadt hin zum Ufer der Oder. Auf den Inseln kann man herrlich den Sonnenuntergang genießen, weshalb sich dort abends auch viele Leute versammeln. Später am Abend ging es dann für günstige 10zl (2,30€) mit Uber zurück zum Hotel.
Rückfahrt nach Dresden
Nach dem Frühstück liefen wir am Samstag noch ein wenig durch die Stadt und aßen zum Mittag dann leckere Pizzen. In Polen gibt es diese immer relativ günstig und mit einer vielfältigen Auswahl an Belägen. Wieder per Elektro-Tretroller ging es im Anschluss zurück zum Busbahnhof, der direkt neben dem Hauptbahnhof gelegen ist. Circa 3,5 Stunden dauerte dann wieder die Fahrt zurück nach Dresden wo wir gegen 20:30 Uhr ankamen.
Schlussfolgernd kann ich sagen, dass Breslau eine wunderschöne traditionelle und gleichzeitig sehr moderne Stadt ist. Ich würde sie mit Lemberg (Blogbeitrag Lemberg) vergleichen, da beide Städte sich relativ ähnlich sind (mit dem Vorteil, dass Breslau näher ist). Neben Lime, Uber und Bird wurde auch überall die Kreditkartenzahlung akzeptiert (und sogar gewünscht). Die Preise, sowohl für Unterkunft als auch für Verpflegung, sind im Vergleich zu westlichen Ländern sehr günstig. Gerade wenn man an so günstige Flixbus Tickets kommt würde ich einen Städtetrip nach Breslau jedem empfehlen!
Bleibt gespannt: nächste Woche mache ich mit Florian einen 4-Tage Ausflug nach Kiew. Davon werde ich auch hier auf meinem Blog berichten.
31 Stunden Zugfahren? Nur 10€ billiger als das Flugzeug? Klingt doch gut! Am 31. August starteten Tobias und ich Richtung Prag. Mit dem Fernbus kamen wir dort am späten Nachmittag an und aßen erst einmal leckeres tschechisches Essen: Knödel mit Gulasch.
31h im Zug
Gegen 23 Uhr stiegen wir dann in unseren Zug ein. Es handelte sich um einen EuroCity mit vielen tschechischen, slowakischen und polnischen Wagen – und für die Reiselustigen gab es auch einen ukrainischen Wagen. Gemütlich sah er auf jeden Fall aus. Tobias versuchte sich gleich auf Polnisch mit der ukrainischen Schaffnerin zu unterhalten, denn wir wussten, auf so einer langen Fahrt in einem post-sowjetischen Zug stellt man sich besser gut mit dem Schaffner. Dann setzte sich der Zug in Bewegung und wir machten es uns in unserem Abteil bequem. Mit Händen und Füßen fanden wir heraus, dass bis zum nächsten Tag keine zusätzliche Person in unser 3-er Abteil kommen wird. Am Nachmittag des nächsten Tages überquerten wir dann problemlos die Grenze von der Slowakei in die Ukraine – Tschüss EU und die damit verbundenen tollen Dinge wie Datenroaming oder Krankenversicherung. Unser Wagen wurde im Anschluss umgespurt und wir nutzten die Zeit, um einen ersten Eindruck der Ukraine zu erhalten. In dem kleinen Grenzdorf kauften wir ein paar Lebensmittel ein – denn uns stand ja noch eine Nacht im Zug bevor. Die Schaffnerin, mit der wir uns zum Glück gut gestellt hatten, tauschte unsere Euro in Hrywnja um, denn an einen Visa-Automaten war in diesem Dorf nicht zu denken.
Ankunft in Kiew
Nach 31 Stunden Zugfahrt erreichten wir dann die Hauptstadt der Ukraine. Schon beim ersten Restaurantbesuch am Mittag bemerkten wir, dass wir in diesen Land nicht so sehr sparen müssen. Mit dem aktuellen Wechselkurs konnte man sehr gut mit Vorspeise, Getränke und Hauptgang für unter 8€ in bester Lage essen gehen. Gleich am ersten Tag liefen wir durch die Straßen Kiews, endeckten den Majdan und entspannten an den Stränden der Inseln des Flusses Dnepr.
Am nächsten Tag fuhren wir dann in einer Gruppe von ca. 10 Personen Richtung Tschernobyl. Wir buchten nämlich eine geführte Tour durch die Sperrzone. Nach knapp 2 Stunden kamen wir dort an und unsere Reiseleiterin zeigte uns mehrere verlassene Dörfer in der äußeren Zone. Auch eine riesen Satellitenanlage, welche zur Erkennung westlicher Raketen installiert wurden war, konnten wir von nahen betrachten. Nach dem Abendessen im Hotel sagte unsere Betreuerin, dass wir eine Runde mit dem alten Wolga, welcher vor der Tür stand, drehen dürften. Für Tobias uns mich war das natürlich ein riesen Spaß – sind wir doch beide noch nie einen Oldtimer selber gefahren.
Vor Ort am Unglücksreaktor
Nach dem Aufstehen ging es für unsere Gruppe dann nach Prypjat, eine ehemals 50.000 Einwohner Stadt direkt neben dem Atomkraftwerk. Wir durften uns relativ frei bewegen und blickten von einem Hochhausdach über die ganze Stadt. Über die “Hauptstraßen” dieser Stadt zu laufen fühlte sich an, wie einen Waldspaziergang zu machen, nur dass irgendwann riesen Hochhäuser auf einmal auftauchten. Im Anschluss gingen wir direkt an den Unglücksreaktor. Dort war die Strahlung nicht besonders hoch, vor allem durch den neuen Sarkophag, welcher seit kurzen den alten überdeckt. Rund 2.000 Arbeiter sind heute noch am Kraftwerk beschäftigt, welches bis vor ein paar Jahren auch noch im Betrieb war. Highlights waren der “berühmte” Freizeitpark Prypiats und ein verlassener Zug, welcher von sowjetischen Panzern umgeben war. Alles in allen war dieser zweitägige Ausflug extrem spannend!
Zurück in Kiew unternahmen wir noch einiges mit zwei anderen aus unserer Tschernobyl-Gruppe, welche zufällig im gleichen Hotel wie wir waren. So besichtigten wir die Höhlenkloster, die tiefste U-Bahnstation der Welt, tranken eine heiße Schokolade bei “Lviv Handmade Chocolate” und verbrachten einen Abend an unserer Hotelbar.
Flug nach Istanbul
Mit dem Flugzeug ging es dann nach 5 Tagen Ukraine Richtung Istanbul. Der Flug mit Turkish Airlines war spitze und die 30°C in der Türkei waren auch genau nach unserem Geschmack. Gleich nach dem einchecken im Hotel an der Blauen Moschee trafen wir meine türkische Mitbewohnerin Yeliz, die für ein paar Tage in ihrer Heimat war. Sie zeigte uns die nächsten Tage die Stadt, ihre Inseln und ihre kulinarischen Leckerbissen. Etwas vermissten wir die günstigen Preise aus der Ukraine, jedoch konnte die üppig scheinende Sonne dies wieder wettmachen.
Spazieren durch Athen
4 Tage verbrachten wir in Istanbul. Im Anschluss flogen wir mit einer Boeing 777-300ER der Turkish Airlines nach Athen. In der Hauptstadt angekommen holten wir am Flughafen zunächst unseren Mietwagen ab und fuhren zu unserem Hotel. Wir gönnten uns ein schickes 4-Sterne Hotel inmitten der Innenstadt. Dort servierte man uns dann am nächsten Morgen ein prächtiges Frühstück, sodass wir gestärkt in das Touristenprogramm starten konnten. Zu Fuß ging es zur Akropolis, welche zu unserer Überraschung für Studenten kostenlos zu besichtigen ist. 40€ gespart, darauf kauften wir uns am Fuße des Berges erst einmal einen guten griechischen Wein.
Mit dem Mietwagen über Griechenlands Landstraßen
Am zweiten Tag in der griechischen Hauptstadt wanderten wir zunächst auf einen kleinen Berg, wo wir einen tollen Ausblick über die Stadt und auf die Akropolis hatten (Geheimtipp, wer sich den Eintritt sparen möchte). Anschließend fuhren wir mit unseren Suzuki Swift zur Peloponnes Halbinsel. Der 94-PS Vierzylinder machte dabei auf den kurvigen, menschenleeren Landstraßen entlang des Meeres richtig viel Spaß. Spontan entschieden wir uns für den erstbesten Campingplatz, welcher sich als absoluter Glücksgriff erwiesen hatte. Wir waren fast die einzigen Gäste und konnten daher unser Zelt direkt am Meer aufbauen. Den Traumstrand, welcher Windows nicht besser für seine Hintergrundbilder hätte auswählen können, mussten wir uns mit niemanden teilen. Unter Palmen lagen wir also da, und entschieden, noch ein wenig dort zu bleiben.
Camping in Griechenland
Die Fahrt zum nächsten Supermarkt, rund eine Stunde über mehrere Berge, war ein unglaublich großes Vergnügen. Alleine auf diesen kurvigen Landstraßen, mit diesem grandiosen Ausblick, das war einfach toll. Wir blieben also noch zwei Tage länger auf diesem Campingplatz, bevor wir dann weiter Richtung Süden fuhren. Ebenfalls spontan suchten wir uns in Google Maps einen neuen Campingplatz aus. Dieser war auch spitze, der Strand allerdings nicht vergleichbar. Wir blieben deshalb nicht so lange und fuhren am nächsten Tag zum dritten Campingplatz. Dort wurden wir herzlich in die Familie der Betreiber “aufgenommen” und verbachten zwei Abende mit ihnen zusammen.
Nach 2,5 Wochen war nun die Reise langsam zu Ende. Mit Ryanair flogen wir von Athen nach Frankfurt am Main, von wo aus es mit dem ICE weiter nach Dresden ging. Abwechslungsreicher hätte ein Urlaub nicht sein können. Vom “Schlafkomfort” eines ukrainischen Zuges und Geisterstädten am Atomkraftwerk von Tschernobyl ging es ins volle und laute Istanbul und zum Schluss an die ruhigen Palmenstränden Griechenlands. Fazit: hervorragender Urlaub!
Am 12. Mai 2017 standen wir in der Schlange eines Fernbusses nach Prag. Nur mit einem kleinen Handgepäck-Rucksack ausgestattet warteten wir darauf beim Busfahrer des regiojets einchecken zu können. Doch kurz bevor wir dran waren, sagten uns Janek und Matthias, dass wir doch nicht diesen Bus nehmen, sondern in einen Zug Richtung Brandenburg einsteigen würden. In zwei zweier-Teams organisierten wir unabhängig voneinander eine Reise. Das erste Team die erste Woche, das zweite Team die zweite Woche. Kein Team wusste, was die anderen geplant hatten. Einzige Regeln: in der Halbzeit müssen wir in Budapest sein (sodass das andere Team die Führung übernehmen kann) und es wird lediglich mit Handgepäck gereist.
Start Woche 1 – Ziel unbekannt
In der ersten Woche übernahmen also Janek und Matthias die Führung und führten uns zunächst nach Lübbenau, wo wir ein paar Stunden Kajak fuhren. Im Anschluss ging es zum Flughafen Schönefeld, wo Florian und Ich erst beim Einsteigen ins Flugzeug erfuhren, dass wir alle nach Thessaloniki (Griechenland) fliegen werden. Dort wurden wir dann abends von einer Privatperson mit dem Auto abgeholt und in ein AirBnb gefahren. Beim Einschlafen habe ich mich schon auf ein paar erholsame Tage am griechischen Strand gefreut, doch mitten in der Nacht, nach nur wenigen Stunden Schlaf, wurden wir schon geweckt und wieder mit einem Auto abgeholt. Nichtsahnend fuhren wir zurück zum Flughafen. Als wir dort zur Passkontrolle mussten, wussten wir, dass wir die EU (oder zumindest den Schengen-Raum) verlassen werden – wohin es aber genau geht wollten uns die Jungs noch nicht verraten. Am Boarding-Schalter stand dann “Istanbul”, also stiegen wir in das Flugzeug mit dem Glauben, dass es in die Türkei geht. Im Landeanflug merkten wir dann aber, dass die Landschaft alles andere als türkisch aussieht. Die Jungs haben doch tatsächlich mit dem Flughafenpersonal abgeklärt, dass wir an dem Istanbul Schalter boarden können, obwohl wir einen anderen Flieger nahmen. Die SMS meines Handyanbieters klärte dann auf: “Willkommen in Georgien”.
Wo liegt eigentlich Kutaissi?
Da waren wir also, in Kutaissi – eine Stadt von der ich ehrlich gesagt vorher noch nie gehört hatte – in einem Land, von dem ich ebenfalls wenig wusste. Mit dem Taxi ging es dann in die Innenstadt, wo wir ein wenig durch die Straßen liefen und Zugtickets kauften. Auffällig für ein nicht-EU Land waren die vielen EU Flaggen an jeder Straße. Am Abend fuhren wir dann in die Hauptstadt: Tiflis. Von dort ging es dann am nächsten Tag nach Natakhtari, wo uns der Busfahrer vor einem kleinen, privaten Flughafen rausließ. Die Jungs organisierten einen Rundflug mit einer kleinen Propellermaschine mitten ins Kaukasusgebirge nach Ambrolauri und wieder zurück. Der Anflug auf die 560 Meter lange Landebahn war spektakulär und die Aussicht hervorragend.
Halbzeit in Budapest
Als nächstes stand eine Zugfahrt zurück nach Kutaissi an, wo wir nach einer Nacht im Hostel dann mit WizzAir nach Budapest flogen. Halbzeit! Nach einer Runde Sightseeing in der Hauptstadt Ungarns übernahmen nun wir das Ruder. Mit einem gebuchten Mietwagen ging es über gut ausgebaute Landstraßen Richtung Balaton. Bei feinstem blauen Himmel und angenehmen 20°C entspannten wir fast alleine am See. Da noch keine Hauptsaison waren, konnten wir uns ein großzügiges Apartment direkt am Wasser leisten. Die Entspannung am See war notwendig, denn als nächstes ging es mit einem Fernbus in die Slovakai – nach Kosice.
Kosice ist eine wunderschöne, kleine Stadt mit tollen Restaurants und freundlichen Menschen. Wir blieben jedoch nur eine Nacht, denn das nächste Ziel wartete bereits. Mit dem Zug fuhren wir nach Poprad (Slowakei) um anschließend von dort mit einem lokalen Zug in das Tatra-Gebirge zu fahren. Im Anschluss wanderten wir ca. 2 Stunden zu unserem Hotel – ein hübsches Holzhaus inmitten riesiger Berge direkt an einem See. Die Landschaft erinnerte an Windows-Hintergrundbilder. Es lag sogar noch etwas Schnee.
Wandern im Tatra-Gebirge
Nach einer Schneeballschlacht (im Mai!) hieß es am nächsten Tag: wandern! Die ursprünglich geplante Route konnten wir wegen des Schnees und dafür fehlenden Schuhen leider nicht antreten, aber die Alternative war auch toll. Nach einem ganzen Tag wandern belohnten wir uns mit einem herrlichen Abend im Luxus-Schwimmbad, welches selbst für deutsche Verhältnisse nicht günstig gewesen wäre – aber es hat sich gelohnt. In der Nacht ging es dann in der Business-Klasse des LeoExpress (lediglich 20€ p.P.) nach Prag. Dort verbrachten wir dann den letzten Tag der Reise indem wir ein wenig Tretboot fuhren und durch die Stadt schlenderten. Mit dem Eurocity fuhren wir dann abends zurück nach Dresden.
Eine tolle Reise ging nach zwei Wochen zu Ende! Besonders die Ungewissheit hatte ihren Reiz. Dieses “Konzept” mit zwei Teams ist definitiv weiterzuempfehlen!
Hier findest du alle Blogbeiträge zur Studienreise.
Am 07. April 2015 war es soweit. Mit einem Airbus der Aeroflot setzten wir überpünktlich auf der Landebahn in Schönefeld auf und hatten wieder deutschen Boden unter den Füßen. Vier Wochen waren wir unterwegs gewesen, vier Wochen, die sicherlich zu den spannendsten und interessantesten Wochen unseres Lebens zählten. Durch Russland, China und Kasachstan, Länder, die wir teilweise noch nie gesehen hatten, ging die Reise, um die Transportwege der „neuen Seidenstraße“ live zu erleben.
Die Idee für diese Reise hatte Yannic, ein Mitglied der “Verkehrten Welt”. Dieser Verein unserer Ferkehrsfakultät an der Technischen Universität Dresden unterstützt Studienreisen, vor allem Richtung Russland und Asien. Nach wochenlanger Planung starteten wir dann am 10. März 2015 zu sechst unsere Reise. Mit einer Germanwings-Maschine flogen wir von Berlin Schönefeld nach Moskau. Nach der Einreise ging es mit dem Vorortzug in die Innenstadt. Für die meisten von uns war es das erste Mal Russland. Mein Eindruck: es sah genauso aus wie in TV-Dokumentationen oder in den vielzähligen Dashcam-Videos auf YouTube. Unser Hostel, direkt am Roten Platz, war etwas dürftig ausgestattet und die fehlenden Englischkentnisse der sehr jungen Rezeptionistin inmitten einer 12 Mllionen Menschen Metropole überraschten uns. Am Abend liefen wir entlang des Kremls, schauten in die Geschäfte des GUM und aßen leckers italienisches Essen.
Am nächsten Tag trafen wir Studenten einer Partneruniversität aus Samara, die extra für ein Treffen mit der russischen Eisenbahn aus ihrer Stadt angereist waren. Im International Relations Department der RŽD wurden uns in einem prachtvollen Konferenzraum die Bedeutung der Handelsbeziehungen zwischen China und Russland erläutert. Am Abend verabschiedeten wir die Studenten aus Samara am Bahnhof und stiegen unsererseits in einen Flieger der Aeroflot, mit dem wir in der Nacht Irkutsk entgegenflogen. Der eigentliche Plan war, während des knapp 6 Stunden langen Nachtfluges ein wenig zu Schlafen – die Realität machte dem ein Strich durch die Rechnung. Der Sitzabstand war sehr eng und es war sehr viel Trubel im Flugzeug. Dementsprechend übermüded setzten wir am Morgen auf der schlecht ausgebauten Landebahn in Irkutsk auf.
Dort erwarteten uns bereits ein Professor und eine Mitarbeiterin der IrGUPS, einer weiteren Universität mit der unsere Fakultät Kontakte pflegt. Den Tag verbrachten wir damit, der sibirischen Kälte zu trotzen bzw. die Uni zu besichtigen. Wir sprachen mit dem leitenden Professor über die Herausforderungen der neuen Seidenstraße und gaben ein Interview für die lokale Studentenzeitschrift. Für die Zeit danach hatte die IrGUPS die lustige Idee gehabt, den deutschen Studenten die sibirische Kälte noch ein Stück näher zu bringen. So fuhren wir am Abend zum Baikalsee und übernachteten dort in einer wunderschönen Holzhütte. Dafür verlangte uns der nächste Tag einiges ab, denn wir wanderten zunächst die Schienen der Baikalrundbahn entlang und liefen danach über den vereisten Baikalsee zurück zum Ort. Zwischendurch gab es ein Lagerfeuer mit heißer Suppe. Bei Temperaturen von rund -20°C definitiv ein Erlebnis!
Am Abend des 13.03. bestiegen wir den Schlafzug nach Chita (Russland), wo wir am nächsten Tag nach kurzem Aufenthalt in Richtung Zabaikalsk weiterfuhren. Wer Zabaikalsk nicht kennt, hat nichts verpasst. Es ist nur zufälligerweise die Endstation vor der chinesischen Grenze, weswegen wir dort aussteigen mussten. Zwar gibt es einen Direktzug nach Peking, der auch über die Grenze fährt, jedoch hatten wir uns im Vorfeld bewusst für eine andere Variante entschieden, nämlich stattdessen einen Bus über die Grenze nach Manzhouli zu nehmen.
Nun waren wir also in China. Nun kann man sicherlich diskutieren, ob Manzhouli für den ersten Eindruck von China geeignet ist. Eine Stadt mit 300.000 Einwohnern wird in China gemeinhin als „Dorf“ bezeichnet, was aber andererseits zur Gewöhnung an die total andere Kultur (wir waren ja immerhin gerade aus Russland gekommen) vielleicht ganz gut ist. Kulturschocks erlebten wir jedenfalls eine ganze Menge, die mit den größer werdenden Städten auf der Reise auch nicht weniger wurden. In Manzhouli war jedenfalls erst einmal essen angesagt! Das Preis/Leistungsverhältnis war spitze und die Gerichte, die wir wählten, waren uns zwar unbekannt, aber viel besser als befürchtet. Eine…interessante Erfahrung stellte die erste chinesische Zugfahrt von Manzhouli nach Harbin dar. Hatten wir die Nacht zuvor noch in einem modernen russischen Schlafwagen verbracht, mussten wir feststellen, dass die chinesische Eisenbahn wohl nicht viel vom Norden hält und mit Vorliebe ihre alten Wagen dort einsetzt.
Doch schon am nächsten Tag fuhren wir mit einem modernen Hochgeschwindigkeitszug von Harbin weiter nach Shenyang und fühlten uns stark an deutsche ICEs erinnert. In Shenyang trafen wir uns mit Schenker China Ltd., um mehr über die Rolle von Logistikunternehmen in China herauszufinden. Nach nunmehr einer Woche in Russland und China war es angenehm, sich mal wieder mit deutschen Muttersprachlern unterhalten zu können und auch deren allgemeine Sichtweise auf das Leben in China zu erfahren. Nun machten wir uns auf ins Herz von China, der Hauptstadt Peking. Dort hatten wir volle vier Tage eingeplant, um alle Programmpunkte abdecken zu können. Gleich am ersten Tag (18.03.) bewies die Beijing Jiaotong University (BJTU) chinesische Gastfreundschaft und so wurden wir nach einem Seminar mit Studenten, dem General Manager von CRRC (chinesisches-russisches Transport-Joint Venture) und einem Professor für Logistik von selbigem am Abend zum Essen eingeladen.
Für die üblichen Touristenattraktionen sollte jedoch bis Freitagmittag kaum Zeit bleiben. Bereits früh am nächsten Morgen machten wir uns auf den Weg zum Büro von Lithuanian Railways, die hier ihre Arbeit in China bewerben und vermarkten. Dort hatten wir ein sehr aufschlussreiches Gespräch mit dem Manager, der früher an der Litauischen Botschaft den Verkehrsbereich leitete und uns neben seiner aktuellen Arbeit auch viel über chinesische Geschäftspraktiken erzählen konnte. Nachmittags fuhren wir für eine Campusführung zurück zur Jiaotong Uni, die im Übrigen am anderen Ende der Stadt liegt und wir deshalb eine Weile dorthin brauchten. Den Freitagmorgen verbrachten wir in der Deutschen Botschaft, wo uns der zuständige Leiter des Verkehrsbereiches viel über aktuelle Entwicklungen bzgl. der Transportwege durch Zentralasien und über chinesische Investitionen in ausländische Infrastruktur erzählte. Auch die Unbestimmtheit des Begriffs der neuen Seidenstraße im chinesischen Verständnis und die Wandlung hin zum Begriff „One Road – One Belt“ wurde thematisiert. Nach diesen informationsreichen Tagen stand zur Entspannung etwas Touristenprogramm an. Am Freitag besuchten wir die Verbotene Stadt sowie den Jingshan-Park und am nächsten Tag ging es zum Sommerpalast, der uns allen sehr gut gefiel.
Am Abend verließen wir Peking Richtung Xian, natürlich wieder per Nachtzug, worin wir inzwischen echte Profis geworden waren. In Xian machten wir eine Stippvisite am Grab des Kaisers und betrachteten ehrfurchtsvoll dessen Terrakotta-Armee. Zudem schauten wir uns abends die Wassershow am größten Springbrunnen Asiens an. Leider war die Luftverschmutzung in Xian zumindest dem Anschein nach höher als in Peking, was die Stimmung etwas trübte. Der Höhepunkt der Verschmutzung sollte unseren Informationen zufolge aber erst in Lanzhou erreicht sein.
Und Lanzhou hielt, was es verspricht. Vor kurzem noch unter den Top 10 der verschmutztesten Städte weltweit, begrüßten uns die Stadt am nächsten Morgen mit qualmenden Industrieschornsteinen und Kraftwerken entlang der Eisenbahnstrecke. Im Gegensatz zu den vorherigen Städten, in denen wir in Hostels schliefen, hatten wir hier aber ein günstiges Hotelangebot direkt gegenüber dem Bahnhof entdeckt. An so viel Luxus mussten wir uns erstmal gewöhnen. Die Essensspezialität dieser Gegend waren Beef Noodles, eigentlich nur eine Nudelsuppe mit etwas Fleisch darin. Sie schmeckte aber ausgezeichnet und der Reaktion der Restaurantmitarbeiter nach zu urteilen kommen sonst nur wenige bis gar keine Europäer dort vorbei. Den Ankunftstag hatten wir komplett „frei“ und so ließen wir es uns nicht nehmen, einmal auf die umgebenden Hügel zu wandern. Am darauffolgenden Tag besuchten wir die Lanzhou Jiaotong University (LZJTU), die uns ebenfalls herzlich empfing, inklusive einem Gespräch mit dem Vice President. Im Anschluss folgte am 26.03. ein weiteres Highlight dieser Reise: die Fahrt mit dem Hochgeschwindigkeitszug nach Ürümqi. In knapp 12h ging es durch die Wüste, die zumeist einer Mondlandschaft glich. Sogar die obligatorischen Instantnudeln konnten wir uns machen, weil es hier auch in den modernen Zügen heißes Wasser gibt.
Ürümqi empfing uns am Bahnhof mit einer auffällig hohen Anzahl an Polizisten und Soldaten, was die eher instabile Situation in Xinjiang recht eindrucksvoll unterstrich. Drei Tage lang hielten wir uns in der Hauptstadt von Chinas westlichster Provinz auf. In dieser Zeit spürten wir, dass wir uns hier nicht im selben China wie im Osten bewegten. In diesem Zusammenhang traten auch Diskussionen über den Ausbau der chinesischen Infrastruktur im Westen zu Tage, die eng mit dem Konzept der neuen Seidenstraße verbunden sind.
Wir verließen Ürümqi am 29. März, um ein letztes Mal den Komfort eines chinesischen Hard Sleepers auf der Strecke nach Khorgos zu „genießen“. Im Zug trafen wir einen englischen Backpacker, der bereits seit über einem Jahr auf Reisen war. Es entstand ein interessantes Gespräch über die Erfahrungen in China. Schon früh am nächsten Morgen bemerkten wir vor den Fenstern starken Schneefall. Das waren wir von China vorher noch nicht gewohnt und so mussten wir vor dem Aussteigen erst nochmal die Wintersachen herauskramen. Der Großteil der chinesischen Passagiere stieg in Yining aus, daher hatten wir auf dem letzten Stück bis zur Grenze noch das Erlebnis eines quasi leeren Liegewagens. Nach ein paar Fotos mit der Mütze des Schaffners, welche dieser am Wagenende liegengelassen hatte, kam der Engländer wieder vorbei und wir machten uns zusammen auf den Weg zu den Bussen, die zur Grenze fuhren. Zumindest dachten wir das, tatsächlich fuhren sie aber nur an die Hauptstraße des Ortes. Im Nachhinein wäre ein Taxi wahrscheinlich die günstigere Variante gewesen. Durch den Schnee stapften wir über leere Straßen Richtung Grenze. Dort mussten wir mehr als 1h in der Kälte warten, bevor der Eingang geöffnet wurde. In dieser Zeit machten wir unsere ersten Erfahrungen in der Verhandlung mit Geldwechslern, da wir kasachisches Geld brauchten. Hinter der chinesischen Grenze fanden wir einen Schlafbus, der uns nach Almaty bringen würde, wobei wir den Preis noch etwas runterhandeln konnten. Der Bus brachte uns zunächst zur kasachischen Grenze, wo wirklich alles ausgeladen und kontrolliert wurde, inkl. des Bettzeugs. Wir bekamen problemlos unsere Stempel mit Registrierung und freuten uns verhalten auf die anstehende Busfahrt nach Almaty. So gut es ging, richteten wir uns im Bus ein und konnten stellenweise sogar schlafen, was aufgrund der noch ausbaufähigen Instandhaltungsphilosophie kasachischer Straßen aber ziemlich schwierig war. Der Bus hüpfte gefühlt von einem Schlagloch zum anderen, aber immerhin schien der Fahrer die Straßen zu kennen und konnte auch im Schnee den schlimmsten Löchern ausweichen.
In Almaty waren wir auch gleich gezwungen, uns mit dem ÖPNV auseinanderzusetzen, da unser Hostel kilometerweit vom Ankunftsort entfernt lag. Nach 2h waren wir aber schließlich da und trafen zu unserer Überraschung das modernste und bequemste Hostel der ganzen Reise an. Eigentlich hätten wir auch gut dort bleiben können, doch schon am nächsten Tag holten uns Mitarbeiter der Kasachischen Akademie für Transport und Kommunikation (KazATK) ab, um uns ins Wohnheim der Uni zu bringen, wo wir die nächsten zwei Nächte verbrachten. Um es mal so zu formulieren: der Komfort sank schlagartig wieder gegen Null und holte uns wieder auf den Boden der Tatsachen zurück, naja vielmehr auf die Bretter, aus denen die Betten bestanden. Matratzen waren Fehlanzeige, also wer mal richtig Lust auf harte Betten hat, dem können wir kasachische Wohnheime nur empfehlen ;). In Kasachstan freuten wir uns darüber, nach China endlich wieder für unsere Begriffe „normales“ Essen zu bekommen. Auch die allgemeine Freundlichkeit und Offenheit der Kasachen fiel uns positiv auf. Wir fuhren in Almaty eine Art Parallelprogramm, wobei ein Teil von uns die Akademie besuchte, während ein anderer Teil zur Deutsch-Kasachischen Universität ging. Richtige Kontakte zu Studenten erhielten wir nur bei letzterer und so verbrachten wir zwei Abende mit kasachischen Studierenden. Interessanterweise schienen wir auf der Straße auch ausländisch zu wirken und so wurden wir zweimal von der Polizei zur Passkontrolle angehalten. Das hatten wir eigentlich in Ürümqi erwartet, nicht so sehr in Almaty. Auch hier unternahmen wir einen kurzen Ausflug in die Berge der Umgebung, welche für viele Leute die eigentliche Hauptattraktion von Almaty darstellen.
Mit einem modernen Talgo-Zug ging es am 02.04. über Nacht nach Astana, der Hauptstadt Kasachstans. Von dieser Stadt hatten wir im Vorfeld schon viel gelesen und so waren wir darauf gespannt, diese aus der Wüste gestampfte Ansammlung von Hochhäusern, Prunkbauten und Monumenten mit eigenen Augen zu sehen. In Astana wurden wir komplett von der kasachischen Eisenbahngesellschaft (KTZ) betreut, welche uns mit einem Kleinbus vom Bahnhof ins Hostel fuhr und auch später überall hin begleitete. Im Hauptgebäude der KTZ hatten wir ein in höchstem Maße anregendes Gespräch mit der Logistiksparte KTZ Express über die Sichtweisen Kasachstans auf den Ausbau der Transportkorridore Zentralasiens und erfuhren bspw., dass für Kasachstan nicht nur die Ost-West-, sondern auch die Nord-Süd-Verbindungen an den Persischen Golf eine tragende Rolle spielen. Im Anschluss besichtigten wir die Fabrik des Joint-Ventures „Tulpar-Talgo“, wo der Zug gebaut wurde, mit dem wir in der Nacht zuvor gefahren waren. Ein weiterer Höhepunkt bestand im Besuch des Trainingszentrums der KTZ, wo wir einmal selbst den Eisenbahnfahrsimulator austesten durften. Dort können natürlich auch abnormale Situationen eingestellt werden, was dazu führte, dass es jetzt aufgrund unserer hervorragenden Reaktionsfähigkeiten ein paar virtuelle Pferde und Lastwagen weniger auf den Schienen des Simulators gibt…
Am nächsten Tag stand die längste Zugfahrt dieser Reise an. In 37h ging es abschließend nach Samara und so deckten wir uns im Vorfeld mit reichlich Essen ein, um die Zeit zu überstehen. Auf der Fahrt hatte zudem jeder genügend Zeit, die Erlebnisse der vergangenen Wochen zu verarbeiten, bevor es in Samara noch einmal anstrengend werden würde. Dort absolvierten wir zunächst ein straffes Programm mit mehreren Besichtigungen. Unter anderem besuchten wir den Ablaufberg einer Rangieranlage der RZD und einen Kindergarten, der von der RZD gesponsert worden war und das soziale Engagement des Konzerns unterstreichen soll. Den Nachmittag verbrachten wir im Konferenzraum der SamGUPS, wo wir zunächst den Rektor der Uni trafen und im Anschluss ein Seminar mit Studenten und Vertretern der RZD abhielten. Wir zeigten Fotos und erzählten von unseren Erfahrungen auf der Reise. Auch die fachliche Seite kam dabei nicht zu kurz. Am Abend war noch Zeit für einen Spaziergang entlang der Wolgapromenade, wo wir die Reise langsam ausklingen ließen.
Mit dem Rückflug von Samara über Moskau nach Berlin am nächsten Tag schlossen wir die Reise ab. Das Umsteigen und die Ausreisekontrolle in Sheremetjewo liefen erstaunlich problemlos und schnell, nachdem wir erst vom Leitsystem in einem engen Gang durch die Katakomben des Flughafens geführt wurden. Die für Moskau eher knappe Umsteigezeit von gut 1h war schlussendlich kein Problem und stellte den letzten Knackpunkt der Reise dar. Nach vier intensiven Wochen freuten wir uns, wieder nach Deutschland zurückzukommen, wo es keine Sicherheitskontrollen an Bahnhöfen gibt und wo die Straßen in gutem Zustand gehalten werden. Dennoch hatten die letzten Wochen in uns allen die Reiselust gestärkt und jeder hat mindestens ein Land gefunden, in das er definitiv einmal wieder zurückkehren will.
Mit gemischten Gefühlen standen wir am letzten Tag unserer Reise auf. Einerseits froh bald wieder unsere Freunde und Familien zu sehen, „normales“ deutsches Essen zu essen und frische Klamotten anziehen zu können, waren wir andererseits natürlich auch traurig, dass diese einzigartige und so erlebnisreiche Reise bald zu Ende sein sollte. Doch bevor wir unsere Rückreise antraten, stand noch ein letztes Ereignis auf unserem Terminplan.
Wir besuchten das Museum der SamGUPS. Dort bekamen wir eine kurze Führung, die netterweise von Irina auf Deutsch übersetzt wurde. Das Museum ist in einem kleinen Raum im Hauptgebäude der Uni untergebracht und zeigte überwiegend in Bildern und Fließtext (leider nur auf Russisch) die historische Entwicklung der Universität.
Nach dem abschließenden, obligatorischen Gruppenfoto, wurden wir von unseren Begleitern zum Flughafen gebracht. Wir hatten uns im Vorhinein große Sorgen über unseren Flug von Samara nach Moskau gemacht, da er an den vorangegangen Tagen immer gecancelt wurde. Yannic hatte die Vermutung es läge am Flugzeug, da anscheinend weitere Flüge mit diesem russischen Flugzeugtyp gecancelt wurden. Schlussendlich fand er aber doch statt und wir witzelten kurz vor dem Boarding noch über die, provisorisch mit Panzertape gelösten, Probleme…
Ein kurzer Stopover in Moskau bedeutete für uns auch zeitglich die Ausreise aus Russland, die erstaunlich problemlos verlief. Ruck zuck waren alle durch die Passkontrolle durch und wir befanden uns schon wieder am Gate unseres nächsten Fluges nach Berlin. Dieser war erfreulicherweise so leer, dass jeder von uns seine eigene Reihe hatte und wir uns die zwei Stunden richtig schön ausstrecken konnten.
Wieder auf deutschem Boden, war es zunächst sehr ungewohnt alles wieder in lateinischen Buchstaben und vor allem auch noch auf Deutsch lesen zu können. Der Supermarkt hieß auf einmal wieder ganz normal und nicht etwa „супермаркет“. Bevor wir in den Bus nach Dresden stiegen mussten wir aber dringend noch eine Speise probieren, die ganz speziell für diese Region ist: Die Berliner Currywurst! Schon der Geruch war ausgezeichnet, der Preis leider wieder etwas gewöhnungsbedürftig. 3,50 € nur für die Currywurst ohne Pommes oder Brot… Willkommen zurück in Deutschland!
Der Berlinlinienbus brachte uns im Anschluss komfortabel nach Dresden. Keine Sicherheitskontrolle, angemessene Geschwindigkeit, ein Dahingleiten ohne Schlaglöcher und Schienenstöße und keine lebensgefährlichen Überholmanöver! Auch hier stellten wir schnell fest: wir sind zurück in Deutschland. In Zukunft wird sich wohl keiner von uns mehr über eine etwas wellige Autobahn in Deutschland beschweren.
Nach 37 Stunden Zugfahrt kamen wir endlich in Samara an. Irina und Maxim von der SamGUPS Universität holten uns vom Bahnhof ab und brachten uns in das Wohnheim. Es handelte sich um ein Apartment speziell für internationale Gäste, weshalb auch ein WLAN Netzwerk eingerichtet war. Um in Genuss des Internets zu kommen, musste man jedoch etwas Glück und viel Geduld haben. Zum Aktualisieren des Blogs reichte die Signalstärke leider nicht aus. Wir entschlossen uns deshalb schlafen zu gehen, damit wir am nächsten Tag gut ausgeschlafen dem Programm entgegen treten konnten.
Den vorletzten Tag unserer Reise begannen wir mit einem Frühstück in der Mensa. Anschließend wartete der kultige Uni-Bus auf uns. Er brachte uns zu einer Rangierablaufanlage. Dort wurde uns die moderne und vollkommen automatisierte Anlage zum „einsortieren“ der abgedrückten Waggons auf ihre Rangiergleise gezeigt. Auch dort gab es einen Simulator, welcher die Mitarbeiter auf jegliche Betriebsstörungen vorbereitete. Im Anschluss fuhren wir zu einem Kindergarten. Im Vorfeld hatten wir uns gewundert, weshalb ein Kindergarten auf dem Tagesprogramm stand. Grund dafür war die 50 prozentige Beteiligung der RZD an dem Kindergarten. Wir waren beeindruckt von der modernen Ausstattung (z.B. Computerräume, Pool etc.) und liebevollen Dekoration der Einrichtung. Der ganze Tag war auf die Minute durchorganisiert, weshalb es ohne Verspätung (dafür sorgte Irina) zu einem Museum der RZD ging. Dort befand sich eine Lehrversuchsanlage der Universität. Wir hatten dort, ähnlich wie auch schon in Astana, die Möglichkeit in einem Zugsimulator zu fahren. Das Highlight war jedoch die Anwesenheit eines Fernsehteams, welches Interviews mit Vivian, Yannic und Richard durchführte. Diese wurden am 12.04.2015 im zweiten russischen Staatsfernsehen ausgestrahlt.
Endlich gab es Mittagessen in der Mensa! Wir nutzten die kurze Verschnaufpause auch um im Internet unsere Rückflüge für den nächsten Tag zu überprüfen. Lange hatten wir dafür nicht Zeit, denn der offizielle Teil stand uns noch bevor. Der Rektor der SamGUPS und einige Dekane, sowie Vertreter der RZD und viele Studenten begrüßten uns feierlich im Konferenzraum der Uni. Wir hörten Präsentationen der Anwesenden über die Jobperspektiven von Hochschulabsolventen bei der RZD sowie über die Entwicklung und den Betrieb bei der Kubischewer Eisenbahn, welche im Raum Samara ein beträchtliches Netz betreibt. Anschließend beschrieben wir mithilfe von Fotos unsere Reiseroute und berichteten über die gesammelten Eindrücke und Erfahrungen. Am Ende des offiziellen Treffens stand noch eine kleine Frage – Antwort Runde an. Wir hatten die Gelegenheit noch ein letztes Mal vor unserer Abreise unbeantwortete Fragen klären zu lassen. Aber auch unsere Gastgeber stellten uns einige Fragen. So interessierten sie sich über die Deutsch-Kasachische Universität und der Jobsituation von Hochschulabsolventen in Deutschland.
Um 18.00 Uhr trafen wir uns zum dritten Mal in der Mensa – zum Abendessen. Später vereinbarten wir uns noch mit Maxim zu einem kleinen Stadtrundgang an der Wolga. Dabei erhielten wir ein paar letzte Eindrücke aus Russland. Noch total beeindruckt von den vielen Impressionen aus Samara gingen wir anschließend in das gut gefederte Bett, denn der letzte Tag unserer Reise wartete schon.
Exakt 37:22h dauerte unsere abschließende Zugfahrt von Astana nach Samara. Eigentlich sollte man meinen, in dieser Zeit passiert nicht viel, aber ein paar Dinge gab es dennoch.
Morgens zwischen 09:30 und 09:40 sollten wir von den Leuten der Eisenbahn am Hostel abgeholt werden. Als um 09:45 immer noch kein Fahrzeug zu sehen war, kamen uns schon langsam Zweifel, da der Zug um 10:38 abfahren sollte. Schließlich erreichte uns eine SMS, die die Ankunft des Fahrers ankündigte und wenig später kam dann auch der Minibus, der uns zum Bahnhof brachte.
Die Abwicklung am Bahnhof war schnell und unkompliziert, da der Zug Karagand-Moskau schon am Bahnsteig bereitstand. Unser Wagen wurde von einem Schaffner höheren Alters betreut, den wir kurzerhand “Opi” tauften (Zitat: “Der ist bestimmt schon mit dem Zug verwachsen.”). Der Wagen war zu etwa zwei Dritteln gefüllt, wobei die meisten Fahrgäste nur bis Petropavlovsk fuhren, d.h. nicht über die Grenze nach Russland. Wir richteten uns ein und befanden, dass dieser kasachische Zug doch ein wenig bequemer war als unser erster russischer Zug von Irkutsk nach Chita. Danach wurde der Fahrplan studiert und entsprechend die orte herausgesucht, an denen der Zug länger halten würde und man somit kurz aussteigen konnte. Diese Halte waren für uns auch dringend nötig, hielt es doch “Opi” für eine gute Idee, den Wagen gefühlt in eine russische Banja zu verwandeln. Unter 28°C ging nichts und offene Türen wurden konsequent wieder zugezogen. Es ist in der Regel kein Problem, sich die Füße auf dem Bahnsteig zu vertreten. Die Schaffner kennen ihre Fahrgäste und scheuchen einen immer rechtzeitig wieder rein.
Es folgten einige Diskussionen bezüglich der Zeitzonen. In Kasachstan fuhr der Zug nach Astana-Zeit, aber in Russland wechselte der Fahrplan auf Moskau-Zeit. Die lokale Zeit in Russland unterschied sich aber nochmals und auch Samara scheint 1h vor Moskau zu liegen. Zu verwirrend, fanden einige und lebten einfach nach der Deutschland-Zeit, was wiederum zu unterschiedlichen Essenszeiten führte.
Um 19:05 kasachischer Zeit kamen wir in Petropavlovsk an. Hier war ein 60-minütiger Aufenthalt eingeplant, an dem wir allerdings nicht aussteigen durften. Der Grund zeigte sich in Form kasachischer Grenzbeamter, die hier am Bahnhof die Ausreisekontrolle durchführten. Er war ein wenig überrascht über unseren Einreisestempel aus Khorgos, verstand aber nach Vivians eindrucksvoller gestikularer Darstellung eines Busses schnell, dass er es hier mit einem Haufen verrückter Deutsche zu tun hatte und stempelte schnell unsere Pässe ab.
Eine Stunde später waren wir auf russischem Territorium und hielten wieder an einem Bahnhof, diesmal für die Einreisekontrolle nach Russland. Schnell merkten wir, dass die russischen Beamten nicht ganz so gut gelaunt, wie die kasachischen waren, aber immerhin hatten sie einen netten deutschen Schäferhund dabei, der als Spürhund diente und sich vor unser Abteil legte (war das jetzt gut oder schlecht…?). Auch die russischen Beamten konnten zunächst mit unseren Stempeln nichts anfangen und wunderten sich, wie wir von Zabaikalsk nach Astana gekommen waren. Immer mehr Beamte kamen vorbei, um einen Blick auf unsere Pässe zu werfen. Wegen mangelnder Sprachkenntnisse gaben sie es aber irgendwann auf und fingen an zu stempeln. Nur Tobias Passfoto mit langen Haaren irritierte sie weiterhin so sehr, dass sie sogar einen Englisch sprechenden Kollegen heranholten, der das Passfoto nochmal genauestens mit dem Original verglich. Im Nachhinein rieten wir Tobias, sich einen neuen Pass zuzulegen. Wir waren also wieder in Russland und fuhren durch die Nacht Samara entgegen.
Den nächsten Tag verbrachten wir bis zur abendlichen Ankunft in Samara komplett im Zug. Opi schien mittlerweile erkannt zu haben, dass ein wenig frische Luft auch nicht schadet, dennoch waren wir über den 49-minütigen Aufenthalt in Ufa froh. Am Bahnhofskiosk erstanden wir Eis und Gebäck und machten ein kleines Frühstück auf dem Bahnsteig. Ansonsten essen wir im Zug mittlerweile routiniert unsere Instantnudeln mit heißem Wasser aus dem Samowar (gibt es sowas in deutschen Nachtzügen eigentlich auch?). Die restliche Zeit verbrachten wir mit Fazits der Reise und hochrangigen Kartenspielen sowie Schach. Außer uns war im mittlerweile nur noch zu einem Drittel gefüllten Wagen niemandem wirklich nach Spielen zumute. Hauptsächlich fuhren hier ältere Leute, die in der Regel ihre Ruhe haben wollten. Der Blog wollte natürlich auch noch weitergeschrieben werden. Hat man tatsächlich nichts zu tun, legt man sich zum Dösen hin oder versucht, aus dem verschmierten Fenster die Landschaft draußen zu beobachten. Die Toilettengänge sollte man sorgfältig planen, da es auch hier kein geschlossenes Toilettensystem gibt und die Toiletten daher einige Kilometer vor jedem Bahnhof abgeschlossen und erst nach dem Halt wieder aufgemacht werden. Insbesondere bei längeren Aufenthalten am Bahnhof kann das ggf. zu Problemen führen. Alles in allem genossen wir aber unsere ruhige letzte Zugfahrt der Reise und freuten uns auf das abschließende Programm an der SamGUPS in Samara.
Während Richard und Christian ihren Tag an der DKU verbrachten (ihre Erlebnisse beschreiben sie in einem eigenen Beitrag) wurden Vivian, Yannic und ich um ca. 9:30 von einem Minibus der KazATK (Kasachischen Transportuniversität) beim Hostel abgeholt. Dieser fuhr uns zu einem Studentenwohnheim, das für die folgenden zwei Nächte unser Heim werden sollte. Wir bekamen ein kleines Mittagessen, welches leider nicht vegetarisch war. In Kasachstan wird man genauso wie in Russland höchst ungläubig angesehen, wenn man nach “ohne Fleisch” fragt. Danach führte man uns durch die Laboratorien der Funk- und Energietechnik. Besonders eindrucksvoll war eine Landkarte auf der mit LED-Lichtern die Position von Wind- und Solarparks gezeigt wurde. Außerdem wurde uns die Funktionsweise eines Achszählers mit dazugehöriger Zählanlage in einem weiteren Labor demonstriert. Auch in Sachen Simulationstechnik ist die KazATK sehr gut aufgestellt: Ein vollständiger (digitaler) Rangierbahnhof mit allem was dazu gehört, sowie ein Führerstand der WL80 Elektrolok gehören zum Portfolio der Uni. Die WL80 Lok ist eine der großen Ingenieursleistungen der ehem. Sowjetunion und wird immer noch mit Stolz präsentiert.
Was wir danach besichtigten wurde allerdings nicht mehr mit derartigem Stolz präsentiert: Es ging ins Studentenwohnheim, in dem uns unsere kasachische Wohnheim-Mutti herzlich begrüßte. Wir bekamen ein Apartment mit zwei Zimmern, um uns den Geschlechtern nach zu trennen. In einem Zimmer befanden sich ein Hochbett und zwei Einzelbetten und im anderen Raum stand lediglich ein Bett. Eine kurze Matratzenalanyse zeigte: Die Matratzen dienten lediglich zur Abdeckung des darunter liegenden Holzbretts, denn weich waren diese nicht. Christian entschied sich aufgrund der fehlenden Halterung die ihn vor dem Herunterfallen aus dem Hochbett bewahrte, gleich auf dem Boden zu schlafen. Er genoss im Gegensatz zu uns daher unbeschränkte Beinfreiheit.
Am nächsten Tag offenbarte uns eine weitere Kuriosität. Der Duschkopf. Denn dieser war nicht da. Wir gingen also “schlauchen” und bereiteten uns auf unsere Abholung durch den Kleinbus vor. Dieser brachte uns zum Medeo Eisstadion, welches wir nach unzähligen Treppen von oben besichtigten. Wir genossen die schöne Aussicht, die Sonne und vor allem die frische Luft.
Nach diesem Trip zeige man uns noch ein Wahrzeichen der Stadt, das Monument der Unabhängigkeit, welches zur Staatsgründung Kasachstans errichtet wurde. Aufgrund der außerordentlichen Freundlichkeit unserer Führer, genehmigten sie uns einen Einkauf im Supermarkt und zeigten größte Geduld (denn das dauert bei uns wirklich etwas länger). Für das Mittagessen spaltete sich die Gruppe wieder. Während die einen ihre altbewährte Kantine besuchten, probierten Vivian und ich einmal kasachischen Döner (ohne Fleisch). Dieser unterscheidet sich signifikant: Salzgurken und Pommes statt Pakrika und Zwiebel – Ein gewöhnungsbedürftiger, aber dennoch leckerer Kompromiss.
Nach unserem Mahl suchten wir eine Polizeistation auf, um die Unklarheiten über unsere lokale Registierungspflicht zu klären. Längeres hin und her mit Beamten und einem Englischsprachigen brachte leider kein Licht ins Dunkle. Schließlich löste das WLAN eines netten Cafes (wie sollte es auch anders sein) unser Problem: wir hatten den Registrierungsstempel schon direkt bei der Einreise erhalten (zweiter Stempel auf der Migrationskarte) und mussten deshalb in Almaty überhaupt keine weitere Registrierung vornehmen. Gegen Abend betätigten sich noch Vivian und ich etwas sportlich, denn im Studentenhaus stand allen ein Fitnessraum zur freien Verfügung. Dort lernten wir einen Kasachen kennen, der (wie viele andere auch) sehr interessiert an uns war. Wir sprachen über Sichtweisen der Kasachen auf Deutsche und andersherum, über die Regierung, den Nahverkehr und viele weitere kurzweilige Themen. Alle Kasachen zeigten sich uns bisher überaus freundlich und hilfsbereit. Während wir beim Sport waren, besuchten die Anderen das Weltkriegsdenkmal und das Volksinstrumente Museum. Anschließend trafen wir uns alle mit den Studenten der DKU in einem Pizzarestaurant und ließen den Abend gemütlich ausklingen. Für den Rückweg benutzen wir die einzige U-Bahn Kasachstans. Die 2011 eröffnete Linie mit sieben Stationen beeindruckte uns durch moderne Fahrzeuge und Haltestellen, die unsere Herzen höher schlagen ließen. Schließlich erreichten wir das Wohnheim um fünf nach elf, wurden aber dennoch herzlich begrüßt und hereingelassen.
Am nächsten Morgen präsentierten wir an der KazATK vor einer Gruppe Studenten einige Bilder unserer Reise und erzählten von unseren Erlebnissen. Anschließend packten wir unsere Sachen und machten uns bereit für die Weiterfahrt nach Astana.